02/26/2024 | Nachrichten | Bayerischer Zahnaerztetag

Vom „kleinen Unterschied“ zum „Frontzahntrauma“

Prof. Dr. Johannes Einwag zum Bayerischen Zahnärztetag

Gelungene Premiere: 2023 übernahm Prof. Dr. Johannes Einwag zum ersten Mal die wissenschaftliche Leitung des Bayerischen Zahnärztetages und moderierte den Kongress für Zahnärzte. Im BZB-Interview fasst er Ein- und Ausblicke zusammen und erklärt, wie vielschichtig das diesjährige Thema Frontzahntrauma ist.

BZB: Der Bayerische Zahnärztetag 2023 war der erste unter Ihrer Ägide als Referent Fortbildung der BLZK und Wissenschaftlicher Leiter Bayerischer Zahnärztetag. Worüber haben Sie sich besonders gefreut?

Einwag: Über die großartige Stimmung vor Ort und das hervorragende Feedback der Teilnehmer, sowohl persönlich als auch schriftlich. Um nur ein Beispiel zu nennen, in dem verschiedene Aspekte angesprochen werden:

„Es geht nicht anders, wir müssen etwas tun, was wir noch nie getan haben. Unmittelbar nach der Rückkehr aus München sind die Eindrücke noch so frisch, dass wir es einfach mal aussprechen müssen: Das war ein ganz toller Zahnärztetag. Wir haben ja nun schon einige Fortbildungskongresse mitgemacht und in den letzten Jahren nahezu jeden Bayerischen Zahnärztetag. Dieser war außergewöhnlich in den dargebotenen Themen und auch in den präsentierenden Referenten. Wir können uns nicht erinnern, eine solch interessante Vielfalt erlebt zu haben, und auch die Referenten der zahnmedizinischen Vorträge waren nahezu durch die Bank – fesselnd. Wir sind bis zum letzten Vortrag geblieben und froh darüber.“

BZB: Welche Details am Konzept des Bayerischen Zahnärztetages haben Sie verändert? Was kam gut an, wo sehen Sie Spielraum?

Einwag: Der Bayerische Zahnärztetag ist eine Traditionsveranstaltung. In meinem „ersten Jahr“ ging es mir darum, auf den bewährten charakteristischen Rahmenbedingungen aufzubauen und insbesondere inhaltlich „neue Pflöcke“ einzuschlagen. Das ist offensichtlich gelungen. Andere kurz- und mittelfristige Optimierungen sehe ich etwa bei Komponenten, die die Attraktivität des Zahnärztetages für jüngere Kolleginnen und Kollegen steigern. Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Modifikation der Zeitschiene.

BZB: Der Zahnärztetag 2023 trug das Leitmotiv „Der kleine (große) Unterschied – Patientenindividuelle Planung und Therapie“. Zeit für ein wenig Spekulation: Wo wird die personalisierte Zahnmedizin in fünf Jahren stehen?

Einwag: Mit Sicherheit wird sie weiter sein, zumindest was die wissenschaftliche Basis betrifft. Innovationen bei der Diagnostik – unter anderem durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz – werden uns erlauben, Krankheitsrisiken früher als bisher zu identifizieren. So erkennen wir Abweichungen vom Gesunden bereits in Stadien, die noninvasiv, mikroinvasiv oder minimalinvasiv therapiert werden können.

Diese Entwicklungen betreffen alle Bereiche der Zahnheilkunde, von der Zahnerhaltung bis hin zur Implantologie. Besonders auffällig ist die Konvergenz zwischen Zahnerhaltung und zahnärztlicher Prothetik, die – betrachtet man die Vorträge beim letzten Zahnärztetag – immer mehr zusammenwachsen in Richtung einer Restaurativen Zahnmedizin. Dem Patienten eröffnen sich dadurch ganz neue Therapieoptionen.

Weniger sicher bin ich bei der Frage, ob es uns gelingt, diese neuen Erkenntnisse parallel zur Geschwindigkeit des Wissenszuwachses in den Praxisalltag zu integrieren. Wir befinden uns hier in einer Übergangsphase, in der mehr als nur das Wissen und Wollen des Praxisteams gefordert sind. Auch strukturelle, organisatorische und betriebswirtschaftliche Aspekte müssen angepasst werden. Um nur ein Beispiel zu nennen: Sprechende (Zahn-)Medizin erfordert Zeit ... Dies muss sich selbstverständlich in den Gebührenordnungen niederschlagen.

BZB: Der diesjährige Bayerische Zahnärztetag findet vom 24. bis 26. Oktober statt. Das Motto heißt: „Das Frontzahntrauma – was nun, was tun?“ Woher kam der Impuls für dieses Thema?

65. Bayerischer Zahnärztetag 2024: AnzeigeEinwag: Aus einer Kombination zwischen den Erfordernissen des Alltags – etwa jeder Vierte erleidet, unabhängig von Altersgruppe und Region, ein dentales Trauma – und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Diese wurden in einer Aktualisierung der S2k-Leitlinie „Therapie des dentalen Traumas bleibender Zähne“ beschrieben und bieten systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für die Erst- und Weiterversorgung dentaler Traumata.

BZB: Als wissenschaftlichen Kooperationspartner konnten Sie die Deutsche Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie (DGET) gewinnen. Welche Schwerpunkte wird der wissenschaftliche Kongress für Zahnärzte in diesem Jahr setzen?

Einwag: Die Referate beim Bayerischen Zahnärztetag 2024 spiegeln die Ziele der aktualisierten Leitlinie wider: zum einen die Erhöhung der Rate an Patienten, bei denen der traumatisierte Zahn erhalten werden kann. Ein weiterer Punkt ist die Entscheidungshilfe zu einer angemessenen Indikationsstellung für die kieferorthopädische, prothetische oder implantologische Versorgung sowie zu endodontischen Maßnahmen oder zur Zahntransplantation.

Darüber hinaus eröffnet die Auseinandersetzung mit dem Frontzahntrauma die Möglichkeit, sämtliche therapeutischen Optionen der modernen Zahnmedizin an einer Thematik abzuarbeiten. Das bedeutet: Es ist für jede und jeden mit Sicherheit etwas Interessantes dabei.

BZB: Sind spezielle Vorträge für die Versorgung von Frontzahntraumata bei Kindern geplant?

Einwag: Ja, und die Gründe sind offensichtlich: In Deutschland wird über Prävalenzen von sechs bis 38 Prozent im Kindes- und Jugendalter berichtet. Unabhängig von der Akutversorgung müssen wir berücksichtigen, dass durch Traumata im wachsenden Organismus lebenslange ästhetische und funktionelle Spätfolgen verursacht werden können. Die Krankheits- und Folgekosten durch Verletzungen der Zähne liegen in Deutschland, konservativ geschätzt, bei rund 200 bis 550 Millionen Euro pro Jahr – mit steigender Tendenz!

BZB: Was wünschen Sie sich für den Bayerischen Zahnärztetag 2024?

Einwag: Was sich jeder Fortbildungsreferent wünscht: primär „Infotainment“ auf höchstem Niveau durch Spitzenreferenten und zufriedene Teilnehmer – natürlich möglichst noch mehr als in den Vorjahren. Wichtig für mich persönlich ist außerdem Zeit zum Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aller Altersgruppen – in lockerer und entspannter Atmosphäre. Wenn dann auch noch das Wetter passt, steht einem perfekten Zahnärztetag nichts im Wege.

Vollständiger Artikel aus dem BZB

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